S = SNS-Verfahren bei Harn- und Stuhlinkontinenz (Dr. Thomas Borschnitz)
Harn- und Stuhlinkontinez – Neue OP-Methode an der Tagesklinik
„Es kostet Menschen, die von Harn- und/oder Stuhlinkontinenz betroffen sind, oft Überwindung, einen Arzt aufzusuchen. Aber es lohnt sich, diesen Schritt zu gehen. Denn wir können mit dem SNS-Verfahren vielen Menschen dauerhaft helfen“, so PD Dr. Thomas Borschitz vom Zentrum für Koloproktologie/Chirurgie in Mainz. Als Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunktbezeichnung Viszeralchirurgie und Zusatzbezeichnung Proktologie verfügt er über umfassende Erfahrung mit der Sakralnervenstimulation (SNS), die bei Harn- und/oder Stuhlinkontinenz eine Erfolgsrate von 90 Prozent aufweist.
Das SNS-Verfahren im Überblick
Nach Vorlage der gesicherten Diagnose erfolgt zunächst eine Testung. Hierzu wird eine Elektrode eingesetzt, die eine Stimulation auf die Sakralnervenwurzel 3 (S3 – zuständig für die Harn- und Stuhlkontrolle) ausübt. Der Patient erhält für die folgenden 14 Tage, bei Bedarf auch länger, zunächst einen externen Schrittmacher. In der Testphase führt der Patient ein Harn- und/oder Stuhlprotokoll. Zeigt sich eine signifikante Verbesserung wird der Schrittmacher schließlich unter die Haut gesetzt. Dieser hat die Größe einer Streichholzschachtel und ist lediglich zwei bis drei Millimeter stark. Er wird oberhalb des Gesäßes platziert und so angelegt, dass er weder beim Sitzen, Liegen noch beim Tragen von Kleidung stört. Die Batterie des Schrittmachers hält fünf bis sieben Jahre, so dass die Patienten für einen langen Zeitraum versorgt sind.
Unerlässlich für die gezielte Behandlung von Harn- und/oder Stuhlinkontinenz ist eine gesicherte Diagnose. Aus Scham umgehen viele Menschen diesen Weg und versorgen sich mit frei verkäuflichen Hilfsmitteln. Schränkt das Leiden jedoch die Lebensqualität immer mehr ein, empfiehlt sich die Konsultation eines Facharztes. Dr. Borschitz: Ich sehe eine Harn- und/oder Stuhlinkontinenz nicht rein medizintechnisch, sondern auch von der menschlichen Seite. Daher gelingt es uns in unserer Praxis, den Menschen die Scham weitestgehend zu nehmen.“
Nach der Diagnostik können zunächst je nach Ausgangslage konservative Maßnahmen ausgeschöpft werden. Hierzu gehört die Versorgung organischer Ursachen, z. B. bei einem Prolaps. Hinzu kommen u. a. anderem der Einsatz eines TENS-Gerätes und Beckenboden-gymnastik. Liegt jedoch eine Nervenstörung des inneren Schließmuskels vor, kann dies i. d. R. sehr gut mit dem SNS-Verfahren behandelt werden. Dabei wird erreicht, dass der äußere Schließmuskel die Funktion des inneren Schließmuskels mit übernimmt: „Mit der Sakralnervenstimulation (SNS) erhält der äußere Schließmuskel Stromimpulse und wird somit dauerhaft kontraktiert. Durch diese leichte Stimulation wird ein Ruhedruck aufgebaut, der das Auslaufen von Stuhl verhindert. Mittlerweile wissen wir außerdem, dass auch bei einem Defekt des äußeren Schließmuskels das SNS-Verfahren erfolgreich ist. Mit dieser Methode kann die Kneiffunktion des äußeren Schließmuskels signifikant verbessert werden“ – informiert Dr. Borschitz.
Rund acht Millionen Menschen sind lt. Aussage der Deutschen Inkontinenzgesellschaft von Harn- und/oder Stuhlinkontinenz betroffen. Mit dem SNS-Verfahren steht eine innovative und nachhaltige Behandlungsmethode zur Verfügung.
Einfach erklärt: Neuromodulation zur Therapie von Inkontinenz